Das die Art der Operation eine Grenzentscheidung war, sagte mir der Operateur nach der OP direkt. Er hatte sich aber auf Grund der Beschaffenheit der Weichteile, dazu entschieden direkt die Endversorgungsvariante zu wählen und nicht erst noch einen Fixateur einzubauen.

Als ich dann wieder zu Hause war, habe ich mein Bein hochgelegt und mich streng an alle Anweisungen gehalten. Der nachbehandelnde Arzt war auch erst sehr zufrieden mit dem Verlauf, allerdings änderte sich das gestern, eine Woche nachdem er die Fäden gezogen hatte. Er wollte, dass sich die Kollegen hier im KH die Wunde noch mal ansehen „um sicher zu gehen“.

Ich humpelte also rüber in die Ambulanz und 3 Stunden später hieß die Diagnose: Wundheilstörung. Die vorgeschlagene Therapie: stationärer Aufenthalt, damit man mir via Tropf Antibiotika verabreichen kann. 🙁

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Und das, nach dem ich mich schon so an zu Hause gewöhnt hatte. Vor meinem inneren Auge hatte ich mich ja schon darauf vorbereitet in Kürze wieder arbeiten zu gehen (ja da freut man sich wirklich drauf, wenn man gefühlt alle Serien und Filme bei Amazon und Netflix schon gesehen hat 😉 ).

Für die „Harten“ unter Euch, hier mein Fuß im Verlauf der Behandlung:

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Alles in Allem ist es schon blöd, andererseits habe ich wieder 2 Bettnachbarn, die interessante Stories erzählen konnten. Man wird ja definitiv nicht dümmer, wenn man Menschen zuhört, die altersbedingt mehr Lebenserfahrung aufzuweisen haben, als man selbst.

Der ältere Herr neben mir, ist laut den Aussagen der Schwestern „leicht dement“. Ich würde aber eher sagen, dass der Mann mit seinen 81 Jahren auch schon mal Dinge vergisst, oder einfach nicht mitbekommt, wenn er beim Reden plötzlich an derselben Stelle wieder herauskommt, die er vor einer halben Stunde schon mal passiert hatte. Aber ich bin ja kein Mediziner und kann das nicht einschätzen. 😉

Interessant wird seine Geschichte schon am Anfang, ihm wurde mit 8 Jahren gesagt, dass er das 10 Lebensjahr nicht erreichen würde, wegen des Verdachts auf Tuberkulose. Das war wohl in den letzten Kriegsjahren. Er durfte mit einem Schlag nicht mehr zu Schule, und was noch schlimmer war, nicht mehr mit seinen Freunden in Kontakt treten. Er hat zum Glück mit 5 Jahren schon gelernt, wie man musiziert und konzentrierte sich nach dieser Nachricht, voll und ganz darauf. Wenn ich mir mal einhaken darf: ich denke, das war Schicksal, denn wenn ich ihn richtig verstanden habe, hat die Musik ihn sein ganzes Leben lang begleitet.
Nach Kriegsende, wurde er von den Amerikanern gebeten ein „Soldatenlied“ zu spielen (er hat mir den Titel genannt, aber ich habe ihn wieder vergessen). Er wusste nicht gleich, welches gemeint war, und sang ein paar Takte von dem Lied, und es stellte sich heraus, dass das genau das Richtige war. Er spielte also fast jeden Abend und wurde überhäuft mit Dingen, die er gar nicht kannte (Bananen, Orangen usw.), man könnte jetzt denken: „Hey ein Ossi“, aber nein, mit seinem Baujahr 1935, hat er wohl tatsächlich niemals solche Früchte zu Gesicht bekommen.
Eines Tages nahm ihn der Dolmetscher der Soldaten zur Seite und sagte er solle doch mal in seinem Garten nachschauen, da hätte jemand gebuddelt. Er ging also nach Hause und entdeckte tatsächlich eine Stelle, an der gegraben wurde. Darauf steckte ein kleiner Stock mit einem Fähnchen daran. Er schnappte sich also einen Spaten und fing an zu graben. Er beförderte eine Kiste ans Tageslicht, die wieder mit allen möglichen Dingen, wie Obst usw. gefüllt war. Er allein konnte diesen Berg an Lebensmitteln unmöglich selbst aufbrauchen. Also ging er zu seinen Nachbarn, die 6 Kinder hatten und sprach mit der Ältesten. Er sagte, er hätte ein Problem und sie solle sich das mal anschauen. Daraufhin zeigte er ihr die volle Kiste und schlug vor, die Sachen zu teilen.
Das alles hatte der Dolmetscher aus sicherer Entfernung beobachtet und kam dann auf ihn zu. Er sagte:“Ich hatte nichts anderes von Dir erwartet, Du bist ein guter Kerl“ und von Stund an, bekamen sie regelmäßig diese Versorgungskisten.

Wenn ich hier auch noch mal was anmerken darf: die Geschichte hat er mir genauso erzählt, die hab ich mir wirklich nicht ausgedacht. Ich finde sie aber bemerkenswert, denn in der heutigen Zeit vergessen wir all zu oft, dass man anderen helfen sollte. Und zwar nicht, damit man daran verdient, oder sich selbst einen Vorteil daraus zieht, sondern mit dem Hintergrund jemandem zu helfen. Nicht mehr und nicht weniger.

Für diese Geschichte hat es sich für mich schon gelohnt hier zu sein. Klar könnte ich auch in Selbstmitleid versinken, aber Geschichten wie diese werden immer seltener, denn die, die diese erzählen können, werden immer weniger.

1 comment on “Und schon wieder im Krankenhaus”

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